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Die Kunst des Gebens und Nehmens

Egal, ob es sich um materielles oder immaterielles Vermögen handelt, um Gegenstände oder um Werte: Weitergabe besitzt eine starke symbolische Dimension, die eine aktive Mitwirkung von drei Beteiligten fordert - dem Übergebenden, dem Empfangenden dem zukünftig Empfangenden. Damit dieser bedeutsame Prozess im Leben einer Familie oder eines Unternehmens in Gelassenheit gelingt, sollte man gewisse Bedingungen beachten.

Wenn sich symbolische und wirtschaftliche Themen mischen

Die Weitergabe von Vermögen lässt sich nicht auf einen Geldbetrag oder materielle Güter reduzieren. Der immaterielle Aspekt - gemeinsame Werte, Traditionen oder Kompetenzen -zeigt die Zugehörigkeit zu einer Geschichte und bildet ein kulturelles Erbe über mehrere Generationen hinweg. Diese heikle und emotional aufgeladene Phase verweist unausgesprochen auf die verstorbene oder die weitergebende Person.

Eine Information in der Zeit transportieren

Wie in der Leichtathletik ist auch bei der Weitergabe der entscheidende Moment der Übergabepunkt: Der Stab wechselt von der Hand des Abgebenden in die Hand des Annehmenden. Gleichzeitig wird ein Rhythmus, eine Energie und Entschlossenheit weitergegeben. Diese Entschlossenheit ist eine feste Größe. Sie muss in Handlungen Gestalt annehmen, denen eine Überweisung oder eine notarielle Urkunde allein niemals gänzlich gerecht werden kann. Um diese symbolische Dimension zu wahren, muss die Art der Übergabe bedacht werden.

Regis Debray en 1970Dem französischen Philosophen Régis Debray zufolge geht es vor allem um Kommunikation, um Mit-Teilung, und nicht um Weitergabe. Beide Begriffe unterscheiden sich wesentlich voneinander: Debray zufolge ist Mitteilung die Übermittlung einer Information im Raum; Weitergabe dagegen die Übermittlung einer Information in der Zeit. Natürlich erfordert Weitergabe auch Mitteilung, Kommunikation. Dies ist sicher eine notwendige Voraussetzung, aber allein nicht ausreichend. Zwar gibt es Maschinen, die das Sich-Mitteilen ermöglichen (Telefon, Radio, Kino, IT), jedoch keine Maschinen für die Weitergabe im genannten Sinne. Um den Raum zu erobern, genügt ein Fortbewegungsmittel. Zum Reisen in der Zeit hingegen braucht es Erlebtes, Entschlossenheit, eine Institution (Familie, Schule, Kirche etc.).

Die Fackel ohne Zwang weitergeben

Die Begriffe „Übermittlung“ und „Weitergabe“ beinhalten bereits die Ausrichtung auf eine andere Person hin. Der Weitergebende erwartet also, dass sich der Empfangende öffnen und etwas entgegennehmen kann und will. Es geht nicht darum, ein Wissen oder einen Gegenstand zu geben und aufzudrängen, sondern den Empfänger zu befähigen, dieses an sich „übermitteln“ zu lassen. Dem Empfänger sollte also Platz eingeräumt werden, weil sonst der Prozess der Weitergabe zu einer Last werden kann. Wenn dies gelingt, wird er eine Einheit bilden können mit dem neuen Wissen oder dem neuen Gegenstand; dessen erster Nutzen wird sein, seinen Weg und Auftrag weiter zu erfüllen. Mitteilung und Weitergabe geschehen tatsächlich nur dann, wenn drei Parteien ins Spiel kommen: der Übermittelnde, der Empfangende und der zukünftig Empfangende.

Eltern und Kind reichen also nicht aus, um eine Übermittlung und Weitergabe herzustellen. Es sollte auch an denjenigen gedacht werden, der all dies später einmal erhält. Erst dann wird der Gegenstand in seiner Gesamtheit, seiner materiellen und immateriellen Dimension weitergegeben.

Von der Weitergabe in der Familie zur Unternehmensweitergabe

Das Unternehmen ist kein materielles Gut, sondern ein lebendiger Organismus, in den man als Mensch eingeht und durch den sich das eigene Leben fortsetzt. Das Thema der Weitergabe liegt also zahlreichen Unternehmern - zumal Familienunternehmern - am Herzen, um nicht zu sagen: es ist ihr Herz. Wer sein Unternehmen aufgebaut oder geerbt hat, will nicht, dass es zum Niedergang kommt, wenn er in Rente geht. Das Unternehmen ist für ihn wie eine Fackel, die weitergegeben werden soll, wie eine beständige Verbindung zwischen den Generationen - ein wenig nach dem Beispiel der Erde, von dem Saint-Exupéry sagte, dass wir sie nicht von unseren Vätern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen haben. Die Verantwortung geht also in beide Richtungen: Weder soll die Arbeit der Vorgänger verraten noch die der Nachkommen gefährdet werden.

Unter diesem Aspekt kann es insbesondere hilfreich sein, eine Phase dazwischenzuschalten, in der die Person, an die das Unternehmen übergeben wird, die bestehenden Strukturen konsolidiert. Wenn diese Phase gelingt, kann die eigentliche Weitergabe gelassener angegangen werden.

Es ist daher empfehlenswert, die Zustimmung sämtlicher Beteiligten einzuholen, damit der Unternehmer und der Übernehmende ihre Energie aufeinander abstimmen können.

Wie kann eine erfolgreiche Weitergabe gelingen?

Die Weitergabe eines Vermögens und der damit verbundenen Werte ist keine spontane Sache. Daher lautet der erste Rat, die Frage der Weitergabe so früh wie möglich anzusprechen. Der Gebende braucht Zeit, um herauszufinden, was und wie er geben möchte; aber auch der Empfangende braucht Zeit, um diese Zuwendung aufzunehmen und anzuerkennen.

Für den Weitergebenden stellt schon allein die Tatsache eine Herausforderung dar, dass er seine Nachfolge zum Thema macht. Dieser Schritt zwingt ihn dazu, die Folgen zu bedenken, die sein Tod einmal für den Ehepartner hat, für die Kinder und mitunter für ein Unternehmen, das er aufgebaut oder geerbt hat.

Bei der Weitergabe sollten der Gebende und der Empfangende respektiert werden. Sie sollte in einem Rahmen stattfinden, der für alle Beteiligten angemessen ist. Auch wenn die Weitergabe der Geschäftsführung für die weitergebende Generation möglicherweise natürlich erscheint, so ist dennoch wichtig, dass der Empfangende dem Projekt zustimmt und bereit ist, diesen Lebensweg auf seine Weise weiterzugehen.

Konkret sollte man beispielsweise darauf achten, allen Kindern den gleichen Informationsstand zu geben. Die Entscheidungen des Weitergebenden sollten den Nachkommen vorgestellt und erklärt werden, um Hindernisse und Fragen („Warum erhalte ich dies und nicht jenes?“, „Wer war ich eigentlich für sie?“) zu vermeiden.

Es ist unabdingbar, gemeinsam die legitimen Interessen eines jeden darzulegen. „Ein gutes Testament wird vom Gebenden und vom Empfangenden gemeinsam geschrieben“, betont Philippe Depoorter, Mitglied der Geschäftsführung und Family Practice Leader der Banque de Luxembourg. Der Empfangende sollte - immer noch hinsichtlich der Weitergabe eines Familienvermögens - seinerseits darauf achten, seine älter werdenden Eltern nicht zu drängen, um ihnen nicht das Gefühl zu geben, er warte schon lange auf die Übergabe der Güter. „Dennoch sollte die Initiative, über die Weitergabe eines Vermögens zu sprechen, immer von den Eltern - also den Weitergebenden - ausgehen.

Neutraler Moderator maßgeblich für den Erfolg 

Weitergabe ist ein vielschichtiger Prozess mit zahlreichen Herausforderungen und einer großen symbolischen Dimension. Daher kann sie bisweilen - vor allem in einem familiären Rahmen - die Befindlichkeiten des Einzelnen verletzen.

Aus all diesen Gründen kann es hilfreich sein, eine neutrale externe Person hinzuzuziehen, die eine Begleitung in diesem Prozess anbieten und als Moderator für eine harmonische Nachfolge mitwirken kann. Hier kann es darum gehen, die Tochter oder den Sohn bei der Klärung der Frage zu unterstützen, ob sie oder er tatsächlich das Familienunternehmen übernehmen will, oder die Weitergabe durch die Ausarbeitung von einvernehmlichen Lösungen zu erleichtern.

Zudem entscheiden sich manche Familien, die ihre Weitergabe im Vorfeld vorbereiten und sich durch gemeinsame Werte verbunden wissen, bisweilen auch für die Einrichtung einer Stiftung oder die Investition in ein philanthropisches Projekt.

Die Weitergabe legt einen roten Faden von Generation zu Generation, trägt Werte und Zusammenhalt zu denen, deren Aufgabe es eines Tages sein wird, dieses Erbe zu gestalten.

Die Begriffe „Übermittlung“ und „Weitergabe“ beinhalten bereits die Ausrichtung auf eine andere Person hin. Der Weitergebende erwartet also, dass sich der Empfangende öffnen und etwas entgegennehmen kann und will. Es geht nicht darum, ein Wissen oder einen Gegenstand zu geben und aufzudrängen, sondern den Empfänger zu befähigen, dieses an sich „übermitteln“ zu lassen. Dem Empfänger sollte also Platz eingeräumt werden, weil sonst der Prozess der Weitergabe zu einer Last werden kann. Wenn dies gelingt, wird er eine Einheit bilden können mit dem neuen Wissen oder dem neuen Gegenstand; dessen erster Nutzen wird sein, seinen Weg und Auftrag weiter zu erfüllen.