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Medien

Wie geht es weiter mit der Weltwirtschaft?

In den USA bleibt der private Konsum, der Motor für die US-Wirtschaft, weiter robust – auch wenn das freie Sparvermögen immer mehr aufgebraucht wird. In Europa haben die Zinssenkungen der EZB offenbar keine Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Ausblick. Einschätzungen von Guy Wagner, Chief Investment Officer der Verwaltungsgesellschaft BLI - Banque de Luxembourg Investments am 30. Juli 2024.

Hören Sie den gesamten Podcast.

 
  • Robuste US-Wirtschaft – wie lange noch?
  • Wann kommt die nächste Zinssenkung der FED?
  • Kann die EZB die Konjunktur in Europa ankurbeln?
  • Technologieaktien boomen
  • Immer weiter steigende öffentliche Ausgaben: Wie reagieren die Märkte?
  • Warum bleibt der chinesische Markt unter Druck?
  • Wie attraktiv ist der japanische Markt?
  • Anleihen relativ uninteressant
  • Gold weiterhin mit positivem Ausblick

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Herr Wagner, die Weltwirtschaft wächst weiterhin relativ stabil, aber auf niedrigem Niveau. Wie lange lässt sich eine Rezession noch vermeiden?

Was die Finanzmärkte vor allem interessiert, ist die Konjunkturentwicklung in den USA. Bisher konnte hier eine Rezession vermieden werden, weil die massiven öffentlichen Ausgaben die Wirtschaft stützten. Auch der private Konsum blieb robust, insbesondere dank des überschüssigen Sparvermögens, das während der Pandemie aufgebaut worden war. Die jüngsten Zahlen deuten nun aber darauf hin, dass dieses Polster aufgebraucht ist und die private Sparquote sehr niedrig bleibt. Weil der private Konsum 70 % der US-Wirtschaft ausmacht, zeichnet sich an diesem Punkt eine grundlegende Veränderung ab.

Die Federal Reserve hat entschieden, ihre Leitzinsen im zweiten Quartal nicht zu verändern. Ist das eine gute Nachricht?

Die Fed steht einer Zinssenkung nach wie vor positiv gegenüber. Weil sich die Inflation aber hartnäckig hält und die Wirtschaft nicht in eine Rezession abgeglitten ist, sieht sie keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Derzeit sieht es so aus, dass die Fed spätestens im September die Zinsen senken wird. Man wird sehen, ob damit eine weitere Verschlechterung des Arbeitsmarkts abgewendet werden kann.

Wie ist die Lage in Europa? Welche Rolle könnte die Europäische Zentralbank bei der Ankurbelung des Wachstums spielen?

In Europa sehen wir einerseits eine schwächelnde Fertigungsbranche, andererseits einen gut behaupteten Dienstleistungssektor. Gleichzeitig wurde hier weniger unternommen, um die Konjunktur mit öffentlichen Ausgaben zu stützen als in den USA. Das erklärt, warum das Wachstum in der Eurozone so schwach ausfällt. Allerdings darf man die Auswirkung von Zinssenkungen durch die EZB für die Ankurbelung der Wirtschaft auch nicht überschätzen. Es hängt nicht allein von der Zinsentwicklung ab.

Auf den Finanzmärkten sind Technologiewerte immer noch sehr beliebt. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

Wir erleben einen Markt der zwei Geschwindigkeiten: eine Konzentration auf wenige große Tech-Aktien, die den Markt nach oben ziehen, und daneben viele Aktien, die auf einem Kursniveau liegen, das so niedrig ist wie seit einem Jahr nicht mehr. Aber weil die Mega Caps die Börsenindizes stark bestimmen, hat man – von außen betrachtet – den Eindruck, dass alles gut läuft.

Nicht zuletzt angesichts der politischen Instabilität in Frankreich und der Steigerung des US-Haushaltsdefizits stellt sich gerade heute die Frage, wie die Staatsausgaben finanziert werden sollen. Welche Folgen hat das möglicherweise für die Anleger?

In der Vergangenheit galten die Staatsanleihen der großen Industriestaaten eigentlich immer als risikofreie Anlagen. Das lässt sich heute so nicht mehr sagen. Die logische Folge: Wenn Anleger diese Staatsanleihen kaufen, verlangen sie höhere Risikoprämien, sprich bessere Zinsen. Das wiederum passt den Regierungen nicht: Gerade weil sie stark verschuldet sind, müssen sie bemüht sein, die Kosten für den Schuldendienst gering zu halten.

Sind andere Anleihen eine attraktive Anlage?

Anleihen sind eine Anlageklasse, die ein gewisses Interesse rechtfertigt, aber auch nicht mehr. Wie gesagt: Die Anleihen der Industriestaaten haben es derzeit schwer, und sie beeinflussen auch die Preise der anderen Anleihen. Anleihen aus den so genannten Schwellenländern haben sich in den vergangenen Jahren deutlich besser entwickelt, sind aber weiterhin zu risikoreich. Und bei Anleihen privater Emittenten ist das Renditedifferenzial noch zu gering.

Blicken wir nach Fernost: Sie interessieren sich besonders für den japanischen Markt. Warum?

Ja, Japan ist tatsächlich ein Markt, den wir auf mittlere und längere Sicht positiv sehen. Die Corporate Governance japanischer Unternehmen hat sich verbessert, ihre Rentabilität ist gestiegen, und Aktionäre werden besser behandelt. Unternehmen nutzen ihre freie Liquidität, um Aktien zurückzukaufen oder die Dividenden zu erhöhen. Das macht den japanischen Markt wieder sehr attraktiv – für heimische wie auch für ausländische Anleger.

Zum Schluss noch zum Gold, dessen Preis weiter steigt.

Ich denke, dass Gold auf mittlere und längere Sicht für Anleger weiterhin sehr interessant ist. Wir wissen, dass China und seine Verbündeten die Absicht haben, ein eigenes Finanzsystem als Alternative zum dollarbasierten System zu etablieren. Dabei spielt Gold eine wichtige Rolle. Das erklärt auch, warum die Notenbanken in Fernost Goldkäufe in so großem Umfang tätigen. Was ebenfalls positiv auf den Goldpreis wirkt, sind die Zweifel an der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen: Anders als beim Papiergeld kann das Angebot von Gold nicht künstlich aufgebläht werden; es ist daher ohne Ausfallrisiken. Auch wenn nach dem 18 Monate währenden Anstieg Korrekturen nicht auszuschließen sind, sprechen diese Faktoren klar für Goldanlagen.

 

 

Guy Wagner, Chief Investment Officer

Nach seinem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften an der Université Libre in Brüssel kam Guy 1986 zur Banque de Luxembourg, wo er in der Folge die Leitung der Abteilungen Finanzanalyse und Asset Management übernahm. Seit 2005 ist er Chief Investment Officer von BLI - Banque de Luxembourg Investments.

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