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Medien

Das Verhältnis der Generationen zu Geld und Vermögen

Schon immer hat der Besitz von Geld (oder vor der Einführung des Geldes von anderen Mitteln) es Menschen ermöglicht, persönliche Ziele zu verwirklichen: ihr Leben zu leben, Chancen zu nutzen, etwas aufzubauen, zu investieren, zu erobern, zu erhalten und weiterzugeben. Immer hat Geld etwas damit zu tun, wer wir als Individuum und als Gesellschaft sind. Es ist daher nicht überraschend, dass jede Generation ihr Verhältnis zum Geld für sich definiert.

Psychisches Nettoeinkommen als Verständnishilfe

Bevor wir die verschiedenen Verhaltensweisen der Generationen betrachten, blicken wir zunächst auf ein interessantes Konzept aus der Mikroökonomie: das sogenannte psychische Nettoeinkommen („Psychic Net Income") nach Irving Fisher. Es bezeichnet die Art und Weise, wie man seine finanziellen Einkünfte betrachtet und welchen ökonomischen, vor allem aber auch psychologischen Nutzen man aus ihnen zieht. Das psychische Einkommen ist höchst subjektiv und variiert stark von einer Person zur anderen. Es ist sehr individuell und geht weit über eine monetäre Berechnung mit den damit verbundenen Unsicherheiten hinaus, da man sich außerhalb eines quantitativen Rahmens bewegt.

Das Konzept des psychischen Einkommens hilft, eine Verbindung zwischen der inneren Motivation eines Menschen und der Art und Weise, wie er sein Vermögen investiert, herzustellen. Am Anfang steht dabei die Frage: „Was ist mir eigentlich wichtig? Will ich eher reisen oder mehrere Häuser besitzen?“ Das eigene Einkommen wird dann entsprechend den Antworten auf diese Frage bewertet.

Jede Generation hält sich selbst für intelligenter als die vorherige und weiser als die nach ihr.George Orwell

Dieses Konzept hilft einzuschätzen, ob ein Einkommen als ausreichend angesehen wird oder nicht – und was es bedeutet, „reich“ zu sein. Gemäß der Website magnifymoney.com halten 55 % der Amerikanerinnen und Amerikaner Menschen für reich, die sich ein komfortables Leben leisten können, während ein Drittel von ihnen meint, dass zum Reichsein Immobilienbesitz dazugehört.

Gen Y als Bindeglied zwischen Gen X und Gen Z

Die Lebenszyklustheorie nach Modigliani bildet den Umgang mit den finanziellen Ressourcen über die Lebenszeit eines Individuums ab. Sie liefert ganz unterschiedliche Antworten für die sogenannte „stille Generation“ der zwischen 1925 und 1942 Geborenen und für die Baby-Boomer (1943-1959). Die Trennung zwischen Beruf und Freizeit ist bei Letzteren weniger deutlich. Die Arbeitsweisen werden vielfältiger, die berufliche Laufbahn ist weniger linear und, damit verbunden, auch die Sicherheit beruflicher Einkünfte.

Die höhere durchschnittliche Lebenserwartung führt dazu, dass Vermögenswerte später vererbt werden. Aus diesem Grund wird die Generation Y, die so genannten „Millennials“, auch als „Sandwich-Generation“ bezeichnet: Sie ist gefangen zwischen den finanziellen Verpflichtungen gegenüber der älteren Generation einerseits und der Unterstützung der jungen Generation andererseits, die erst viel später ihre finanzielle Unabhängigkeit erreicht. Béatrix Charlier, Gründerin und CEO der Personalberatung P’OP Luxembourg, sieht die Gen Y an einer Schnittstelle der Generationen: Sie fungiert als Verbindungsglied zwischen der Gen X und der Gen Z. Die Mitglieder der Gen Y sind diejenigen, die als erste eine Balance zwischen Arbeit und Privatleben eingefordert haben und sich für die Freiheit einsetzen, von jedem Ort aus arbeiten zu können.

In der Gen Y ist die Quote der Verheirateten um 39 % gesunken, die Eigenheimquote um knapp 30 %. Auch die Geburtenquote liegt auf ihrem niedrigsten Stand seit über 100 Jahren. All diese Daten bestätigen den empirischen Trend: Materieller Besitz wird als Belastung empfunden, da er Verantwortung mit sich bringt und Mobilität erschwert.

Die ältere Generation: reicher und besorgter

Die Verschiebung der Prioritäten hat zur Folge, dass sich die Älteren vermehrt mit dem finanziellen Wohlergehen ihrer Kinder beschäftigen – auch in Anbetracht des oben erwähnten relativen Reichtums der Gen Y. Zur Verdeutlichung: Im Jahr 2000 entsprach das Bruttovermögen der Franzosen dem Sechsfachen ihrer Einkünfte; 2017 war der Wert auf das knapp 9,5-Fache gestiegen. Die französische Bevölkerung wird im Durchschnitt also immer wohlhabender (Quelle: INSEE und YPulse-Studie 2020).

„Diejenigen, die eine gesellschaftliche Wirkung erzielen wollen, haben es in ihrem Leben bereits zu etwas gebracht. Sie interessieren sich für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, weil sie finanziell unabhängig sind“, so Tara Bendo, Börsenanalyst für l’Investisseur/l’Echo und Redakteur auf dem belgischen Nachrichtenportal LN24. „Diejenigen, die noch am Anfang stehen, interessieren sich zwar vielleicht auch für das Thema. Sie sind aber damit beschäftigt, sich Wohlstand und ein stabiles Vermögen aufzubauen.“

Die folgenden Zahlen zeigen den Zusammenhang zwischen dem Wunsch nach Sicherheit und den eigenen Grundsätzen.

Ältere Investoren legen tendenziell mehr Wert auf Prinzipien

Menschen, die es für wichtig halten, dass ihr Geld entsprechend ihren Werten und Prinzipien investiert wird

 
 

Schroders Global Investor Study 2022

Gemäß Moneystore geben über 80 % der über 71-Jährigen an, bei ihren Anlageentscheidungen persönliche Grundsätze zu berücksichtigen. „Ein Faktor, der das Verhalten wesentlich beeinflusst, ist die Frage, ob ein Vermögen geerbt wurde oder nicht. Menschen, etwas erben, fühlen sich verantwortlich für das, was sie von der Vorgängergeneration übernehmen und wie sie es selbst an nachfolgende Generationen weitergeben. Sie neigen eher dazu, es umsichtig und unter ethischen Aspekten einzusetzen und dabei über ihre eigenen Bedürfnisse hinaus zu denken. Das Vermögen wird also anders verwaltet, als wenn es selbst erworben wurde und dann nach eigenem Belieben zur Verfügung steht“, so Joelle Liberman, Soziologin und Gründerin von Egerie Research. „Verändert hat sich auch einiges durch die Tatsache, dass Frauen bei Entscheidungen eine echte Mitsprache haben.“ Während Töchter in früheren Generationen zwar erbten, aber nicht selbst verwalten durften, bereitet die Elterngeneration ihre Töchter heute auf die Verwaltung des Vermögens vor. Frauen achten bei ihren Entscheidungen oft nicht nur auf Rentabilität, sondern auch auf Faktoren wie Sinnhaftigkeit oder den Einfluss auf die Umwelt oder die Gesellschaft.“

Zwischen Klimaangst und logischen Anlagen

Sicher ist: Das Verhältnis zum Konsum und zur Geldanlage hat sich gewandelt. Bisweilen wird die Gen Z „Generation Gönn Dir“ genannt. Die Realität ist jedoch natürlich viel komplexer. Béatrix Charlier unterscheidet zwei Gruppen von Personen. Zur ersten gehören Menschen, die die Welt am Abgrund sehen. Manche leiden unter der Angst vor dem ökologischen Kollaps und gehen auf unterschiedliche Weise mit ihr um. „Manche, die meinen, es sei ‚eh schon alles egal‘, investieren in angesagte Produkte und kaufen sich ein Haus. Sie machen einfach weiter wie bisher“, erläutert sie. Andere legen gar nichts mehr auf die hohe Kante.

Manche aus dieser Gruppe geben ihr Geld für Dinge aus, die ihrer mentalen Gesundheit guttun: gutes Essen, Reisen, Kosmetik. Es geht mehr um Erfahrungen als um Besitz. Dies schlägt sich logischerweise auch bei der Geldanlage nieder.

„Jeder fünfte junge Mensch handelt mit Kryptowährungen, aber nur jeder zehnte hat ein klassisches Wertpapierdepot. Zwischen dem, was junge Anlegerinnen und Anleger erwarten, und dem, was man ihnen anbietet, liegt eine große Lücke. Sie erwarten ein digitales Angebot, Benutzerfreundlichkeit und Schnelligkeit. Sie möchten schnelle Prozesse, die ihrem Lebensstil entsprechen. Während z. B. ihre Elterngeneration noch den persönlichen Kontakt suchte, wollen junge Menschen ein Konto per Smartphone eröffnen können und innerhalb kürzester Zeit Antworten auf ihre Fragen erhalten. Sie sind viel ungeduldiger“, so Tara Bendo weiter.

Er ergänzt: „Der Wert von Arbeit und Anstrengung ist nicht mehr ausreichend; es ist die Macht der Algorithmen, die zum Träumen anregt. Die jungen Menschen investieren, um zu erreichen, was sie in den sozialen Netzwerken als Definition von Erfolg sehen, um einen schnellen sozialen Aufstieg zu schaffen. Sie werden von Emotion geleitet, nicht vom Gedanken an Besitz. Warum sollte man sich eine Wohnung kaufen, wenn man auch Airbnb nutzen kann? Der Traum ist es, mit 35 von den Einkünften leben zu können und Arbeitsnomade zu sein, ohne Verbindlichkeiten und Sorgen.“

Béatrix Charlier zufolge sind die Mitglieder der Gen Z vor allem Unternehmer. Sie möchten „lieber ein Projekt starten, das ihren Werten entspricht“ als in einem etablierten Unternehmen zu arbeiten, das Werte als Marketing-Message benutzt.

Die zweite Kategorie in der Generation der nach 1995 Geborenen hat eine „Beziehung zum Geld, die durch Lektüre geschult ist“. Sie sind optimistischer und bereit zu investieren – allerdings nicht um jeden Preis. „Es soll schon ein grünes Investment sein, das einen Beitrag zum Erhalt der Erde liefert. Diese Generation hat keine Angst, Länder zu verklagen“, so Charlier weiter.

Fazit

Die Beziehung zum Geld hat viele Dimensionen: soziale, psychologische, familiäre, politische und generationelle. Allerdings gibt es markante Unterschiede zwischen den Generationen, die vom jeweiligen makroökonomischen und politischen Kontext abhängen.

Geld wird zu einem zentralen Element, das in Beziehung steht zu anderen soziologischen Faktoren wie dem Zustand der Erde, dem Verhältnis zur Arbeit, der Geburtenrate, dem Familienstand, dem Index des sozialen Fortschritts, der Gleichstellung der Geschlechter, Steuerfragen, dem Verhältnis zur Zeit und dem Vertrauen in die Institutionen.

Von den „Stillen“ zur kreativen Generation

Generation der „Stillen“ (1925-1942) – sparsam, vorsichtig, loyal, pflichtbewusst. Langfristige Sicht und Nachdenken sind wichtig.

Baby-Boomer (1943-1959) – konservativ, fokussiert auf den Wert von Arbeit und sozialem Rang. Tendenziell kritisch gegenüber der jüngeren Generation.

Generation X (1959-1977) – pessimistische Zukunftseinstellung, beschäftigen sich mit Untergangsszenarien. Hedonisten und Herausforderer.

Generation Y (1978-1994) – konzentriert auf das Hier und Jetzt. Das Thema Altersvorsorge ist weniger präsent.

Generation Z (1995 und jünger) - stiller, „vier K“: Kommunikation, Kollaboration, Konnektivität und Kreativität.