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Medien

Nachhaltigkeit als Schlüsselelement für Unternehmensstrategien: ein Interview mit Charles Sunnen

In dieser Workshop-Reihe informiert die Banque de Luxembourg die Unternehmen der luxemburgischen Wirtschaft über verschiedene Aspekte der nachhaltigen Entwicklung. Heute im Gespräch: Charles Sunnen, Unternehmenskundenberater.

Warum veranstaltet die Bank Workshops zur nachhaltigen Entwicklung?

Charles Sunnen (CS): Um das zu verstehen, muss man die Ursprünge der Bank kennen. Die Banque de Luxembourg besteht seit etwas mehr als 100 Jahren. Ihre Kundschaft besteht aus drei großen Gruppen: Privatpersonen, professionelle Vermögensverwalter und Unternehmen.

Die Kundschaft unserer Abteilung besteht im Wesentlichen aus luxemburgischen Familienunternehmen in der zweiten und dritten Generation; meist mittelgroße oder große Unternehmen, die in den für das Großherzogtum traditionellen Branchen tätig sind: Baugewerbe, Industrie, Handwerk, Handel, Transport und Verbrauchermärkte.

Sie brauchen die üblichen Bankdienstleistungen wie Girokonten, alltäglichen Zahlungsverkehr usw., sowie mittel- und langfristig auch Finanzierungslösungen für Projekte, Maschinen und Anlagen, Immobilien, Umlaufvermögen, Bankgarantien usw.

Warum bieten wir ihnen also in diesem Kontext Nachhaltigkeits-Workshops an?

CS : Im Rahmen unserer B-Corp-Zertifizierung (B-Corp ist ein Label für Unternehmen mit hohen Anforderungen an Governance, Transparenz sowie soziale und ökologische Standards) sind wir gehalten, unsere Kundschaft und unsere potenziellen Unternehmenskunden für Herausforderungen in den Bereichen Soziales, Klima und Governance zu sensibilisieren.

Das Label wurde uns 2023 verliehen. Die Mitgliedsunternehmen werden aufgefordert, die mit dem Label verbundenen Werte an sämtliche Stakeholder und Mitarbeitenden weiterzugeben. Wir haben daher in Zusammenarbeit mit TrAxxion, einem Netzwerk aus Fachleuten für soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen, ein Programm zur Einbindung in diese Themen entwickelt.

Die Workshops sollen Unternehmen in die Lage versetzen, ihr Engagement auf der Grundlage solider Labels wie dem B-Corp zu starten, weiterzuführen oder wiederaufzunehmen. Sie bieten eine Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen, sich inspirieren zu lassen und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.

Können Sie uns den Ablauf erklären?

CS : Einmal im Monat treffen sich die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der teilnehmenden Unternehmen einen ganzen Vormittag lang entweder bei der Bank oder einem der Unternehmen. Bei jedem Workshop wird ein Impact-Thema bearbeitet, um das es auch beim B-Corp-Label geht, zum Beispiel die Governance. Zuerst wird das Thema kurz umrissen, dann können die Teilnehmenden sich in kleinen Gruppen Gedanken zu einer der gestellten Fragen machen. Sie haben dann Zeit, sich zu ihren jeweiligen guten Geschäftspraktiken auszutauschen. Im Laufe des Programms evaluieren sich die Teilnehmenden und können so ihre Fortschritte messen.

Mithilfe der Workshops erfahren sie mehr über die Herausforderungen der nachhaltigen Entwicklung in der Anwendung bei Familienunternehmen, und lernen die bestehenden und künftigen regulatorischen Anforderungen besser kennen. Zudem erstellen Sie einen konkreten und an ihr Unternehmen angepassten Aktionsplan.

Inwiefern ist die nachhaltige Entwicklung ein treibender Faktor für die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens?

CS : Uns ist es wichtig, eine Botschaft zu übermitteln: Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Modewort, sondern ein Schlüsselelement der Unternehmensstrategie. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind die Basis der luxemburgischen Wirtschaft. Sie machen 99 % der luxemburgischen Unternehmen aus und stehen für zwei Drittel der Wertschöpfung und der Arbeitsplätze.

Zurzeit sehen sich große Unternehmen mit Fragen der Ethik, den Herausforderungen durch den Klimawandel und begrenzten Ressourcen konfrontiert. Hinzu kommt ab 2026 die EU-Taxonomie (die Klassifizierung der Wirtschaftstätigkeiten mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt). Die Großunternehmen müssen nachhaltige Lieferketten organisieren, daher sind ihre Zulieferer, die kleinen und mittleren Unternehmen, zwangsläufig ebenfalls davon betroffen.

Darüber hinaus weisen Erfahrungsberichte auf eine Sensibilisierung der Endkunden für nachhaltige Konzepte hin. Sie sind bereit, für nachhaltige Waren oder Dienstleistungen mehr zu bezahlen. Auch bei Ausschreibungen oder bei der Suche nach neuen Mitarbeitenden kommt dieses Argument zum Tragen.

Wir bemühen uns, die großen Konzepte der sozialen Verantwortung in Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) zu entmystifizieren: die einfache Umsetzung, die ganz konkreten, praktischen Aspekte und den positiven Einfluss der Nachhaltigkeit auf das Geschäftsmodell eines Unternehmens Charles Sunnen

Was würden Sie einem Unternehmen raten, das den Übergang in Angriff nehmen möchte?

CS : Fragebogen wie der von B-Corp sind online verfügbar. Sich selbst einzuschätzen und zu hinterfragen ist sehr einfach.

Die meisten Unternehmen haben bereits einige CSR-Maßnahmen umgesetzt, sind sich dessen aber nicht unbedingt bewusst. Ich würde Unternehmen raten, das Thema ganz ohne Vorbehalte anzugehen. Bei Bedarf kann man sich Begleitung suchen, zum Beispiel in unseren Workshops.

Dabei muss das nachhaltige Konzept unbedingt von den Leitungsorganen getragen werden. Sie definieren die Vision und die Strategie und treffen die Entscheidungen, die dann ihre Wirkung entfalten. Nachhaltigkeit kann nicht in der Verantwortung einer einzigen Abteilung liegen, selbst wenn sie eine hervorragende Schnittstelle bildet. Nichts geht über eine Person mit Entscheidungsbefugnis, die von der Sache überzeugt ist, an das Konzept glaubt und so in der Organisation dafür sorgt, dass sich alle daran halten.

Wie lässt sich ihr Konzept konkret umsetzen?

CS : Mithilfe unserer Programme oder anderen Maßnahmen möchten wir den Unternehmen und der Gesellschaft klarmachen, dass ein unwiderruflicher Paradigmenwechsel bevorsteht. Wenn alle die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Unternehmensführung, Umweltschutz und sozialen Aspekten verstehen, werden wir zu systemischen Überlegungen kommen. Das ist ein guter Ausgangspunkt. Die Geschichte wird zeigen, dass ein Leben nicht am Gewinn gemessen wird.

Wir bemühen uns, die großen Konzepte der sozialen Verantwortung in Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) zu entmystifizieren: die einfache Umsetzung, die ganz konkreten, praktischen Aspekte und den positiven Einfluss der Nachhaltigkeit auf das Geschäftsmodell eines Unternehmens.

Betrachten wir zum Beispiel den Zugang zu Krediten Wir bieten Finanzierungen, die die ESG-Strategie (ESG = Umwelt, Soziales, Governance) des anfragenden Unternehmens berücksichtigt. Einfach erklärt: Erreicht das Unternehmen die vorab gemeinsam erarbeiteten Ziele, entsteht der Anspruch auf eine Vergütung auf die Zinsmarge des Kredits. So besteht die Möglichkeit für die Entwicklung eines Produkts, um eine positive Wirkung zu erzielen.

Noch wichtiger: Für die Rückzahlung eines Kredits ist ein nachhaltiger Cashflow erforderlich. Die ESG-Herausforderungen zu ignorieren ist also ein echter Risikofaktor. Die Nachhaltigkeit sorgt für eine langfristige Performance des Unternehmens.

Zusammengefasst würde ich sagen, dass dies eine Herausforderung für alle ist, und wir alle unseren Beitrag leisten können. Bei den Workshops zum Thema „Nachhaltige Entwicklung als Wertschöpfungsfaktor“ habe ich festgestellt, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer bereits für diese Herausforderungen sensibilisiert sind, auch wenn es ihnen nicht immer bewusst ist. Wir bestärken sie bei ihren Maßnahmen und teilen mit ihnen gemeinsame Werte und ein gemeinsames Ziel.

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CHARLES SUNNEN
Business Adviser